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Was hat das Familienbett mit dem plötzlichen Kindstod zu tun?

  • Lesedauer:13 min Lesezeit

„Dein Kind schläft bei dir im Bett? Hast du keine Angst vor dem plötzlichen Kindstod?”

Ähnliche Aussagen haben bestimmt schon viele Eltern gehört – und sich deshalb große Sorgen gemacht. Aber ist das überhaupt gerechtfertigt? Eine Studie aus 2013 von Carpenter, McGarvey, Mitchell et al. befeuern die Ängste. Die Wissenschaftler stellen folgende These auf: Kinder, die im Elternbett schlafen, besitzen nach wie vor ein höheres Risiko, am plötzlichen Kindstod zu sterben, obwohl diese gestillt werden und die Eltern nicht rauchen. Allerdings stellt sich jedoch heraus, dass die Studie einige Mängel aufweist und auf veralteten Daten beruht [1].

Inhaltsverzeichnis

Das Gute zuerst

Seit Anfang der 90er-Jahre sinkt die Rate bei Kindern, die am plötzlichen Kindstod sterben, stetig. So starben in Deutschland 1991 am plötzlichen Kindstod noch 1.285 Säuglinge und Kleinkinder. 2021 hingegen sank die Sterberate auf 82 Säuglinge und Kleinkinder, die am plötzlichen Kindstod verstorben sind [2].

Was ist SIDS?

Das „Sudden Infant Death Syndrome”, kurz SIDS, oder auch SUDI „Sudden and Unexpected Death in Infancy”, beschreibt den plötzlichen Kindstod, dessen Todesursache auch nach einer Obduktion nicht ausgemacht werden kann. 

Konnte die Todesursache nach einem plötzlichen Kindstod eindeutig festgestellt werden, wird von SID, „Sudden Infant Death” gesprochen [3].

Risikofaktoren

Bestimmte Risikofaktoren werden mit dem plötzlichen Kindstod in Verbindung gebracht:

  • Alkohol-
  • Nikotin-
  • Drogenkonsum der Eltern [4]
  • Nicht Stillen innerhalb des ersten Lebensjahres [7]
  • Bauchlage [4]
  • Zu weiche Matratzen
  • Frühchen [8]
„Der plötzliche Kindstod ist noch immer eine reale Gefahr – aber er ist zu einem sehr seltenen Ereignis geworden.”
Dr_med_Celine_Schlager
Dr. med Celine Schlager
Kinderärztin

Wie kann Plötzlicher Kindstod verhindert werden?

Aber was können Eltern tun, um das Risiko eines plötzlichen Kindstodes zu senken? Vor allem die Aufklärung über Risikofaktoren bringt einen deutlichen Vorteil. Denn wer über Gefahren informiert ist, kann sie auch besser vermeiden. Es gibt ein paar Tipps, die junge Eltern befolgen können. Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin empfiehlt zum Beispiel folgende Punkte:

  • Lass dein Kind auf dem Rücken auf einer festen Matratze ohne Erhöhung schlafen.
  • Tagsüber ist es wichtig, dass du dein Kind regelmäßig auf den Bauch legst, damit es seine motorischen Fähigkeiten ausbilden kann. Zudem beugt dies auch einer asymmetrischen Kopfform vor, wie beispielsweise einem abgeflachten Hinterkopf.
  • Lass dein Kind nicht in einem zu warmen Zimmer schlafen. Nachts sollte der Raum, in dem dein Kind schläft, bestenfalls 18 Grad Celsius betragen.
  • Nutze einen passenden Babyschlafsack, anstatt einer Decke. Du kannst am Rücken zwischen den Schulterblättern deines Kindes fühlen, ob die Temperatur in Ordnung ist. Die Haut sollte sich warm, aber nicht verschwitzt anfühlen.
  • Nutze keine Kopfkissen, Fellunterlagen oder gepolsterte Bettumrandungen und lege keine Kuscheltiere in das Bett, da es sich ansonsten damit überdecken und schlecht Luft kriegen könnte [5].
  • Wickle dein Kind vor dem Schlafen nicht zu fest ein. Das sogenannte Pucken wird laut neuesten Studien nicht mehr empfohlen [6].
  • Lasse dein Kind im Elternschlafzimmer im eigenen Bett schlafen, vor allem in den ersten sechs Lebensmonaten. Besonders bei rauchenden Eltern sollte das Kind unbedingt im eigenen Bett schlafen.
  • Während der Schwangerschaft und mit Baby solltest du auf eine rauchfreie Umgebung achten.
  • Im ersten Lebensjahr solltest du dein Kind – wenn möglich – mindestens 4-6 Monate stillen [5].

Diese Präventionsmaßnahmen gelten schon gleich nach der Geburt. Daher solltest du darauf achten, dass die Atemwege deines Kindes frei sind, wenn es zum Bonding auf deinem Bauch liegt. Sei immer aufmerksam. Wenn du beispielsweise von deinem Handy abgelenkt oder müde bist, lege dein Kind lieber auf den Rücken in sein eigenes Bett.

Beugt Stillen den plötzlichen Kindstod (SIDS) vor?

Das Stillen ist nicht nur eine wunderbare Möglichkeit, dein Kind zu ernähren, es bietet gleichzeitig wichtige Schutzfunktionen. Kinder, die gestillt werden, haben eine geringere Wahrscheinlichkeit, am plötzlichen Kindstod zu sterben. Dies konnte schon vor einigen Jahren in verschiedenen Studien beobachtet werden. Es konnte außerdem festgestellt werden, dass die Schutzfunktion nach mindestens zweimonatigen Stillen einsetzt und das SIDS-Risiko um ungefähr die Hälfte verringert wurde. Längeres Stillen ab vier Monaten verstärkt die Schutzfunktion erheblich. Zum „Stillen” zählen in den Studien sowohl das Vollstillen, als auch das Teilstillen mit Zufütterung. Obwohl die Nachricht erst einmal erfreulich ist, muss bedacht werden, dass in den Studien die Definition von „Stillen” nicht einheitlich behandelt wurde und die Forscher:innen deshalb mit den Rohdaten arbeiteten [7].
Ein weiterer Grund, warum Stillen das SIDS-Risiko senken kann, ist folgender: Es wird davon ausgegangen, dass der Schlaf von gestillten Kindern leichter ist als der von Flaschenkindern. Bei Überhitzung oder geringerer Sauerstoffsättigung wachen diese beispielsweise schneller auf [8].Wenn möglich, sollten Säuglinge laut WHO und NSK die ersten sechs Monate voll gestillt werden und nach Einführung der Beikost bis zu zwei Jahre und länger gestillt werden [9].

Was bedeuten Familienbett und Co-Sleeping?

In vielen Kulturen auf der ganzen Welt ist es Tradition, dass Familien in einem Bett zusammen schlafen. Im deutschsprachigen Raum war das lange Zeit ungewöhnlich, ja fast verpönt. Doch in den vergangenen Jahren wurden das Familienbett und Co-Sleeping auch hier immer beliebter. Das Konzept birgt viele Vorteile. Es ist nicht nur platztechnisch praktisch, sondern schafft auch Nähe und Geborgenheit. Familienbett oder Co-Sleeping sind streng genommen keine fixen Begriffe, sondern beschreiben die Schlafsituation der Familie, wenn z. B. das Kind nachts ins Elternbett gekrochen kommt, oder die Familie von vornherein gemeinsam in einem Bett schläft [10].

Viele Hersteller nutzen die Bezeichnung Familienbett für Schlaflösungen, in denen die ganze Familie einen erholsamen Schlaf genießen kann – ohne, dass das Kind in der Mitte des Bettes schlafen muss oder die Eltern auf der Bettkante übernachten. Solche Familienbetten sind häufig extragroß und vor allem sehr breit – 2,40 Meter und mehr bieten dann Platz für die ganze Rasselbande. Aber auch, wenn das Elternbett durch ein Anstell- oder Beistellbett erweitert wird, spricht man vom Co-Sleeping und Familienbett [10].

💡Unser Tipp: Achte auf die Bedürfnisse deines Kindes! Sucht es die Nähe von euch Eltern? Muss es nachts häufig gestillt werden? Oder schläft es seelenruhig nachts alleine im Bettchen? Gib dir und deinem Kind Zeit, damit ihr euch an die neue Situation gewöhnen könnt und scheue dich nicht davor auch mal die Schlafsituation zu ändern. Hauptsache, es funktioniert und ist geborgen und sicher für alle!

Beistellbetten

Als frischgebackene Mama oder Papa möchtest du dein Neugeborenes am liebsten immer ganz nah bei dir haben? Na klar! Der Wunsch, mit dem Baby zusammen im Elternbett zu schlafen, ist absolut verständlich, erhöht aber gleichzeitig das SIDS-Risiko – zumindest in den ersten sechs Monaten. Während du schläfst, könnte dein Baby aus seiner Position rutschen und durch Kissen, Decke oder ähnliches schlecht Luft bekommen. Ebenfalls könntest du es mit deinem Arm im Schlaf auch mal unsanft treffen. Eine Gefahr für das Baby. Um dennoch die Nähe zum Baby während dem Schlaf nicht missen zu müssen, gibt es gute Lösungen. Die beliebtesten sind Beistellbetten. Diese kleinen Betten kannst du an das Elternbett stellen. Hierbei gibt es verschiedene Hersteller und Ausführungen, zwischen denen du wählen kannst.

Beim Kauf eines Beistellbettes solltest du auf ein paar Dinge achten:

  • Höhe: Das Beistellbett sollte höhenverstellbar sein und genau auf die Höhe der Matratze des Elternbetts einstellbar sein. Miss dafür am besten vor dem Kauf die Höhe deines Bettes vom Boden bis zur Matratze.
  • Einhängen oder Anbinden?: Es gibt Beistellbetten zum Einhängen und Anbinden. Überprüfe vor dem Kauf, ob das Beistellbett kompatibel mit dem Elternbett ist. Einige Hersteller haben auch spezielle Beistellbetten, die für Boxspringbetten konzipiert sind.
  • Liegefläche: Achte auf die richtige Größe des Beistellbetts. Dabei sollte das Beistellbett nicht zu klein und nicht zu groß sein. Euer Baby sollte eine Eingrenzung spüren können, aber nicht eingeengt werden. Einige Hersteller bieten Beistellbetten an, die mit Zubehör vergrößert werden können und mit dem Baby mitwachsen.
  • Tragfähigkeit: Auch die Belastbarkeit ist ein wichtiger Punkt. Beistellbetten aus Holz haben oftmals eine Tragfähigkeit von bis zu 150 Kilogramm und sind sehr robust. Einige Modelle können anschließend zur Sitzbank umfunktioniert werden. Leichtere Modelle haben beispielsweise eine Tragfähigkeit von bis zu neun Kilogramm, wobei diese Modelle meist sehr leicht sind und zum Teil auch als Reisebett genutzt werden können.
  • Material: Auch das Material ist beim Kauf von Beistellbetten wichtig. Die klassischen Modelle bestehen aus Holz, modernere aus Stoff und einem Metallgestell. Wichtig ist, dass die Modelle TÜV-bzw. Schadstoffgeprüft wurden.
  • Ausstattung: Abgesehen von vielen zusätzlichen Features wie beispielsweise Rollen, einer Schaukelfunktion, oder einer Mobile-Stange, solltest du vor allem checken, ob eine Matratze im Lieferumfang inbegriffen ist oder nicht.
  • Preis: Die Preisspanne liegt bei neuen Beistellbetten zwischen 80€ und 250€, je nach Material und Eigenschaften, kann der Preis stark variieren [11]. Babybetten mit Matratzen gibt es beispielsweise von vielen Anbietern schon ab 100€ zu kaufen.

Welche Matratze eignet sich für das Beistellbett?

Beistellbetten sind häufig abgerundet, darum ist es wichtig, vorab zu schauen, ob eine Matratze im Lieferumfang enthalten ist, oder nicht. Neben der richtigen Größe sollte die Matratze auch eine gute Durchlüftung bieten, um einem Wärmestau vorzubeugen [11].

„Der plötzliche Kindstod ist nichts, wovor sich Eltern fürchten müssen. Ja, es gibt ihn. Aber mit den oben genannten Maßnahmen lässt sich das Risiko deutlich reduzieren.”
Dr_med_Celine_Schlager
Dr. med Celine Schlager
Kinderärztin

Fazit

Beistellbetten sind eine tolle Möglichkeit, um mit deinem Baby die Nächte zu teilen und um die Bindung zu stärken. Auch für das nächtliche Stillen sind diese sehr praktisch, da die Mama nicht erst aufstehen muss und es sich im Bett bequem machen kann. Dadurch kann es der Mama auch leichter fallen, nach dem Stillen wieder in den Schlaf zu finden. Bevor du ein Beistellbett kaufst, solltest du dir überlegen, wie lange dein Baby darin schlafen kann. Aus den meisten Beistellbetten wachsen die Kleinen schnell raus. Gerade deshalb lohnt sich hier ein gebrauchtes Bettchen – frag am besten in deinem Freundes-und Bekanntenkreis nach oder checke Möglichkeiten wie Kleinanzeigen und Kindersachenflohmärkte in deiner Umgebung.

Quellen

[1] Carpenter R, McGarvey C, Mitchell EA, et alBed sharing when parents do not smoke: is there a risk of SIDS? An individual level analysis of five major case–control studies. BMJ Open 2013;3:e002299. doi: 10.1136/bmjopen-2012-002299

[2] Statista. (02.01.2024). Plötzliche Kindstode in Deutschland bis 2021. Abgerufen am 27.02.2024 von: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1260562/umfrage/ploetzliche-kindstode-in-deutschland/

[3] Kurz, R., Kenner, T., Poets, C., Kerbl, R., Vennemann, M. & Jorch, G. (2014). Der plötzliche Säuglingstod: Grundlagen – Risikofaktoren – Prävention – Elternberatung. Springer.

[4] Stahn, D., & Leinweber, J. (2021). Erhöht bed-sharing das Risiko für Sudden Infant Death Syndrome? – Ein Review der Studienlage und offizieller Empfehlungen einzelner EU – Länder [Does Bed-Sharing Increase the Risk for Sudden Infant Death Syndrome? – A Review of the Literature and Official Guidelines of Selected EU Countries]. Zeitschrift fur Geburtshilfe und Neonatologie, 225(5), 397–405. https://doi.org/10.1055/a-1392-1324

[5] Prävention des Plötzlichen Säuglingstods (SIDS, Sudden infant death syndrome, ICD 10: R95) Leitlinie (S1, DGSM, Stand v. 09/2017, AWMF Nr. 063-002)

[6] Pease AS, Fleming PJ, Hauck FR, Moon RY, Horne RS, L’Hoir MP, Ponsonby AL, Blair PS (2016) Swaddling and the risk of sudden infant death syndrome: a meta-analysis. Pediatrics 137:e20153275. https://​doi.​org/​10.​1542/​peds.​2015-3275

[7] Thompson, J. M. D., Tanabe, K., Moon, R. Y., Mitchell, E. A., McGarvey, C., Tappin, D., Blair, P. S., & Hauck, F. R. (2017). Duration of Breastfeeding and Risk of SIDS: An Individual Participant Data Meta-analysis. Pediatrics, 140(5), e20171324. https://doi.org/10.1542/peds.2017-1324

[8] Plötzlicher Kindstod (SIDS) (o.D.). Abgerufen am: 06.05.2024 von: https://www.deine-gesundheitswelt.de/schwangerschaft-geburt/ploetzlicher-kindstod

[9] Stillen – Die beste Ernährung in den ersten Lebensmonaten (01.06.2021). Abgerufen am 16.04.2024 von: https://www.bmel.de/DE/themen/ernaehrung/gesunde-ernaehrung/schwangerschaft-und-baby/stillen.html

[10] Ist ein Familienbett für uns das Richtige? Über Größen, Typen und die Vor- und Nachteile (o.D.). Abgerufen am 07.05.2024 von: https://ekomia.de/blogs/inside-ekomia/familienbett

[11] Das beste Beistellbett für dein Baby 2024: 11 Bettchen im Vergleich. (o.D.). Abgerufen am 06.05.2024 von: https://www.eltern.de/vergleich/beistellbetten-baby/#6bc0c7bb516648b16ff356dfa5adf682

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